24.4.2021
Sterben? Die Politik hilft nach.
Wenig bis keine Aufmerksamkeit bekam ja nach der Beschlussfindung zur „Bundes-Notbremse“ im Plenum des Bundestags die Orientierungsdebatte zur Suizidhilfe – sie fand am selben Tag, nur wenige Stunden später, statt. Der Kontrast könnte nicht größer sein: „Leben schützen“, hieß es immer wieder in der Debatte zur Beschneidung der Grundrechte, während es dann kurz später quasi um die Bewerbung des Suizids ging; jedenfalls seitens der Befürworter des fraktionsüber-greifenden Gesetzentwurfs. Deren Argumente hätte man gerne mal im Rahmen der Corona-Politik gehört, wo aber eben diese dem Ruch des gefährdenden Querulantentums anheimfielen. Der „Respekt vor der Selbstbestimmung“ etwa wurde als Argument pro erleichternde Suizidhilfe hoch gehalten, man dürfe eigene Moralvorstellungen nicht über die individuelle Selbst-bestimmung Einzelner stellen, Betroffene brauchten keine Bevormundung, man möchte sich ja auch verabschieden können von seiner Familie, die Autonomie jedes Einzelnen müsse „geschützt werden vor Beeinflussung Dritter“ und es ginge hier „nicht um die Frage, ob irgendjemand hier von uns das richtig findet oder nicht richtig findet – es ist ein Persönlichkeitsrecht“!
Interessant zu wissen, dass die Grundrechte zwar nicht mehr im gegenwärtigen Leben, aber dafür beim künftigen Sterben Geltung entfalten. Die „Kultur des Todes“, die einige Abgeordnete ganz richtig identifizierten, ist damit gesetzt. Mittels des neuen Corona-Vokabulars formuliert: Die Priorisierung von Sterbewilligen beim Erhalt der Grundrechte. Hier wird sich eingesetzt.
Dass es manch eine Abgeordnete besonders eilig hat und das Gesetz noch diese Wahlperiode, also bis September, durchgepeitscht wissen will, eröffnet Raum für Spekulationen. Bezeichnend auch, dass man sich nicht ebenso vehement für schnell erreichbare therapeutische Hilfen für Suizidgefährdete einsetzt – Wartezeiten für einen Therapieplatz erstrecken sich vielfach auf bis zu einem Jahr. Das Ansinnen der Parlamentarier, Suizidhilfe durch erleichterten Zugang zu tödlichen Medikamenten zu leisten, steht im Übrigen markant konträr zur Strategie der Welt-gesundheitsorganisation. In ihrem Bericht „Suizidprävention: Eine globale Herausforderung“ stellte sie schon 2014 Aktionen und Maßnahmen gelingender Suizidprävention vor, etwa: “durch einen erschwerten Zugang zu tödlichen Methoden, durch die Beseitigung von Versorgungsengpässen für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die Förderung von verantwortungsvoller Medienberichterstattung zur Reduzierung von Nachahmungstaten“ – es taugte für einen Skandal, was etwa die öffentlich-rechtliche ARD anstatt dessen betreibt.
Die Angelegenheit um Suizid und Selbstbestimmung ist freilich vielschichtig. Wer sich damit auseinandersetzen möchte, findet Anregungen an dieser Stelle sowie dort mit weiteren Verweisen.
Siehe auch: Stellungnahmen von Abgeordneten
Nachtrag vom 25.4.: "Erzbischof Franz Lackner stuft die höchstrichterlichen Suizidhilfe-Urteile in Österreich und Deutschland als bedenklich ein ... Es gehe darum, einer Welt, die meine, alles unter ihre Machbarkeit zu stellen, zu widerstehen. Nach Ansicht des Erzbischofs gibt es eine nihilistische Strömung, die sich einen humanen Anstrich verleiht: Wenn die Euthanasie tatsächlich käme, würde sie ein humanistisches Gewand tragen. Diese Entwicklung sei vielleicht sogar absehbar gewesen, so Lackner, der auch dem Franziskaner-Orden angehört. 'Wir haben nur nicht genau hingeschaut und kostbare Zeit verloren. Jetzt müssen wir dranbleiben'..."
Nachtrag vom 5.5.: "Debatte um neues Gesetz - Mehrheit der Deutschen für aktive Sterbehilfe ... Fast drei Viertel der Deutschen (72 Prozent) befürworten die Legalisierung der aktiven Sterbe-hilfe mittels Verabreichung tödlich wirkender Mittel ... Noch höher ist die Akzeptanz für die passive Sterbehilfe, also die Abschaltung lebenserhaltender Maßnahmen." Sterbehilfe: "Wird Deutschland zur 'Avantgarde' in der Suizidfrage? ... Ehtiker Jean-Pierre Wils. Etliche Vorschläge sieht er kritisch. Der Suizid dürfe keine 'normalisierte Option' für das Ende werden." Schweiz: "Sterbehilfe in Heimen soll vereinheitlicht werden - Ob die Sterbehilfe möglich ist, ist im Kanton Graubünden nicht einheitlich geregelt. In gewissen Alters- und Pflegeheimen kann man sie in Anspruch nehmen, in anderen nicht. Das will die Bündner Regierung ändern."
Nachtrag vom 6.5.: "Der Deutsche Ärztetag hat das strikte Verbot der Suizidhilfe aus der Berufsordnung für Mediziner gestrichen. Er reagierte damit auf ein Urteil des Bundesverfas-sungsgerichts vom Februar zum assistierten Suizid, wie die Bundesärztekammer mitteilte. In der Muster-Berufsordnung für Ärzte hieß es bislang: 'Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.' Dies könne in der bisherigen Fassung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht aufrechterhalten werden ... Die Streichung ändert nach Überzeugung des Ärztetages aber nichts daran, dass 'ärztliches Handeln von einer lebens- und gesundheitsorientierten Zielrichtung geprägt ist'."
16.4.2021
„Verantwortungseigentum“
Mangels Fachkompetenz an dieser Stelle nicht wirklich beurteilbar, aber sicher nicht unwichtig zu wissen für jene, die das Grundrecht auf Eigentum ernst nehmen: Am 21. April veranstaltet die GLS Bank zusammen mit der „Stiftung Verantwortungseigentum“ eine „Digitale Diskussionsrunde für Firmenkund*innen“: unter anderen mit Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und Ulrike Herrmann von der taz. Aus der Ankündigung dazu: „Nachhaltiges Unternehmertum braucht eine neue Rechtsform. Eine Rechtsform, die gewährleistet, dass die sozialen und ökologischen Werte generationsübergreifend sichergestellt sind und der Unternehmenszweck an oberster Stelle steht.“ Es ist ein Appell an die Politik, eine Rechtsformvariante für Verantwortungseigentum zu schaffen. Profitieren sollen auch kleine und mittelständische Unternehmen. Hier steht mehr dazu. Die Grünen und die SPD hätten die Rechtsform bereits in ihre Wahlprogramme aufgenommen. Den Aufruf bisher unterzeichnet haben zum Beispiel der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin sowie der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IdW) Köln.
Interessant zum Abgleich: Der Bundesverband der Deutschen Industrie schreibt zur Bewertung des Programmentwurfs zur Bundestagswahl von Bündnis90/Die Grünen: „Der Entwurf gibt aus Sicht der deutschen Industrie Anlass zur Sorge. Die soziale Marktwirtschaft soll zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft unter dem alleinigen Leitgedanken eines ‚klimagerechten Wohlstands‘ umgebaut werden, was nur mit einer grundlegend veränderten Gesellschaft möglich ist. Das Programm ist durchzogen von einem prinzipiellen Misstrauen gegen marktwirtschaftliche Mechanismen und Akteure, deren Agieren durch einen steuernden Staat eingegrenzt werden soll.“ Die Partei setze „auf dirigistische Preissetzungsmechanismen und ordnungsrechtliche Vorgaben“. Die Forderung nach Zukunftsinvestitionen sei zwar positiv, aber insgesamt entstehe der Eindruck: „Der Entwurf offenbart ein ausgeprägt dirigistisches Staatsverständnis, das … Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft durch Konzepte staatlicher Lenkung und Umverteilung ersetzen will.“ Von der Sache wird man vermutlich noch hören.
10.4.2021
Käufliche Haltung
Vernünftigerweise möchte man annehmen, dass es irgendwann mal genug ist. Den Akteuren reicht es aber nie. Seit etlichen Jahren, insbesondere seit Heiko Maas (SPD) mit seinem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (scrollen) um die Ecke kam, schießen Plattformen gegen – stets interessengeleitet identifizierte – Falschinformationen und Hassrede wie Pilze aus dem Netz. Inzwischen muss es sich um viele Hunderte Millionen Euro handeln, die dort unproduktiv zirkulieren. Eine humane Gesellschaft wäre entsetzt über derartige Miese-Spiele-Ausgaben angesichts dessen, dass es im Pflegesektor seit Jahrzehnten an allen Enden fehlt.
Jedenfalls kann sich das „DetektivKollektiv“ diverse „Entwickler*innen aller Art“ und einen Managing Director leisten. Notwendige Qualifikation: „Interesse an Falschinformationen“. Was täte man nur ohne diese. Die Initiative gründete sich im März 2020 im Rahmen des „WirVsVirus-Hackathons“. Die Bundesregierung betrachtet den Hackathon „WirVsVirus“ als Bestandteil der digitalpolitischen Zusammenarbeit, wie es in ihrer Antwort heißt. Das DetektivKollektiv nahm freilich auch am EUvsVirus Hackathon der Europäischen Kommission teil. Der Konzeptentwicklung beim Kollektiv widmet sich Marie Schröter; laut Impressum verantwortlich für den Inhalt der Website und außerdem bei der Stiftung Mercator gelistet als Fellowship für das Projekt „Potentiale und Limitierungen zum Einsatz Künstlicher Intelligenz zum Aufdecken von atypischen Radikalisierungsprozesse in Demokratien“. So geht Karriere.
Letzten November kündigte das DetektivKollektiv eine neue Partnerschaft an: „Die 2004 gegründete Organisation Campact unterstützt die Entwicklung des DetektivKollektivs nun offiziell mit einer signifikanten Förderung von 150.000 EUR. Diese Förderung ermöglicht es unser Produkt, insbesondere auch im Hinblick auf die deutsche Bundestagswahl im Herbst 2021, weiterzuentwickeln und der breiten Öffentlichkeit schneller zugänglich zu machen.“ Angesichts dieser Verbindung verwundert es nicht, dass Campact gerade für einen harten Lockdown plädiert inklusive eines „autoritären Horrorkatalogs“ wie Verbot privater Feiern und Urlaubsreisen, Maskenpflicht in Innenräumen, Verbot von Menschenansammlungen, Testpflicht in Betrieben und abendliche Ausgangsbeschränkung. „Die Forderungen sind bemerkenswert für eine Organisation, die einmal aus der sozialen Bewegung entstanden ist … Damit gibt eine Organisation, die sich eigentlich die Vereidigung der Grundrechte auf die Fahnen geschrieben hat, die Zustimmung, dass Menschen von der Polizei kontrolliert werden können, wenn sie nachts unter Einhaltung der Hygienebedingungen das Haus verlassen“, schrieb dazu Telepolis.
Die richtigen Parolen zur Erlangung von Ruhm und Geld gibt auch der Verein „ichbinhier“ aus. Dort leistet man sich eine Geschäftsführung und ist selbstredend Partner des DetektivKollektivs. Initiator des Vereins ist Hannes Ley. Im Mai 2018 bekam er für diesen Einsatz vom Bundespräsidenten das Verdienstkreuz am Bande überreicht. Neben der Politik ist auch die Kooperation mit der Telekom AG langfristig angelegt: „#ichbinhier und die Deutsche Telekom haben auch in der Zukunft viel vor“. Von sich reden macht dieser Tage des Weiteren die Initiative „Unteilbar“, in der sich das Linksaußen-Spektrum subsumiert. Ähnlich wie Campact stramm auf Regierungslinie bietet der Zusammenschluss der vom Verfassungsschutz beobachteten „Bundes-vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ eine Lobby an. In der Presse nun gerade viral: Sahra Wagenknecht will wieder in den Bundestag, ihre Kandidatur wollen etliche Linken-Politiker aber partout nicht durchgehen lassen. Grund: In ihrem neuen Buch verunglimpfe Wagenknecht Bewegungen wie „Unteilbar“ als „selbstgerecht“ – was völlig zutreffend ist, aber nicht gesagt werden darf. Der Kontrast zwischen links-politischem Anspruch und tatsächlicher Anbiederung an die regierungsseitige Grundrechts- und Demokratieaushöhlung wird nicht mehr zu übertünchen sein. Bei den Lafontaine-orientierten Nachdenkseiten etwa liest man: „Die Initiative Unteilbar hat in einem infamen Aufruf die jüngsten Proteste gegen die Corona-Politik pauschal diffamiert. Im Gewand theoretischer Kritik wird die offizielle Corona-Politik in der Praxis verteidigt … Sind die Autoren und Unterzeichner des Papiers tatsächlich so blind für die unfassbaren sozialen Folgen der aktuellen Corona-Politik, die vor allem die Schwächsten der Gesellschaft (Kinder, Arme, Alte, Geflüchtete) zuerst mit voller Wucht trifft?“ Die Lust am autoritären Gehorsam jedenfalls ist wirkmächtiger.
Damit einher geht dann das Oktroyieren von politisch korrekter Haltung im Stile der oben beschriebenen Netzaktivitäten. Heiko Maas ist übrigens aktuell auch bei der transatlantischen Tech-Allianz wieder ganz vorne mit dabei. Seinen derzeitigen Posten als Bundesaußenminister benutzt er dafür, zusammen mit dem Institute for Strategic Dialogue eine Initiative zur Regulierung großer Tech-Firmen und ihrer Algorithmen zu starten, „die Verantwortliche aus EU, USA und weiteren Staaten zusammenbringt“. Brüssel arbeitet selbst schon am Digital Services Act für neue Regeln in sozialen Netzwerken und zeigt bereits Interesse an einer transatlantischen Partnerschaft. Gemeinsam mit der Europäischen Akademie Berlin wird zudem das Auswärtige Amt am Mittwoch, 14. April, bei einer Europarat-Online-Konferenz sein. Thema: „Aktiv gegen Hatespeech.“ Warum nicht mal: „Aktiv pro Senioren?“ Weil sich das nicht rechnet.
Relevant zum Beitrag ist: "Aktueller Stand zum Meinungskampf" vom 20.2.2021 + Nachträge.
Nachtrag: "Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht ist trotz heftiger innerparteilicher Kritik an ihrem neuen Buch erneut als Spitzenkandidatin der NRW-Linken für den Bundestag nominiert. Bei einer Kampfabstimmung um Platz 1 ... erhielt sie ... 61 Prozent."
Nachtrag vom 21.4.: "Richtungskampf ausgebrochen: Links-Politiker wollen, dass Wagenknecht ihre Bundestagskandidatur zurückzieht."
26.2.2021
Der Bundesimpfstoffpräsident
Die komplett fehlgeleitete Innenpolitik gipfelt aktuell im Aufruf des Bundespräsidenten an die Bürger zur Akzeptanz aller Impfstoffe. Aufenthaltskontrolle reicht nicht – die Autokratie strebt gemäß ihres Wesens nach Befehlsgewalt über höchst private Gedankenbildung und Einstellungsmuster. Wie naiv und infantilisierend Frank-Walter Steinmeier bayerischen Bürgern entgegentrat, zeigt sein Redetext: Es „verdienen alle zugelassenen Impfstoffe unser Vertrauen“, denn „wissenschaftliche Studien zeigten, dass alle von der Europäischen Arzneimittel-Agentur genehmigten Impfstoffe wirksam und verträglich seien … Jeder Pieks ist ein kleiner Schritt heraus aus der Pandemie“. Da hat wohl jeglicher Respekt vor erwachsenen Menschen ausgedient. Ähnlich fragwürdig ist die leichtfertige Bewertung von Impfstoffen seitens völlig fachfremder Politiker, die sich gerade verstärkt mit der Seligpreisung von Astrazeneca hervortun. Stattdessen liest man etwa hier: „Tatsächlich wirft der Impfstoff von Astrazeneca eine Reihe von Fragen auf…“ Auch dort ist zu lesen: Astrazeneca-Impfstoff: Experte warnt - „Zuverlässige Daten sind nicht da“ und an dieser Stelle: „Corona-Impfstoff von Astrazeneca hat mehr Nebenwirkungen als erwartet.“ Trotzdem zahlt die Europäische Union schon mal 870 Millionen Euro für die Lieferung von 300 Millionen Dosen des Astrazeneca-Impfstoffs bis Juni.
Steinmeiers Mission aber ruht, unschwer erkennbar, letztlich in der steten Huldigung sämtlicher Ansinnen der Regierungsspitze. Weil die Bundeskanzlerin inzwischen anstrebt, pro Woche fast zehn Millionen Menschen in Deutschland impfen zu lassen und Impfprodezuren „über längere Jahre“ hinweg verstetigt wissen will, richtet sich das Bundespräsidialamt kurzerhand danach aus; offenbar fern jedes Anspruchs auf autonome Wahrhaftigkeit. Was die Bevölkerung von solchem Bundespräsidenten allenfalls lernen kann: entsprechende Lehren aus der Beobachtung des französischen Essayisten Henry de Montherlant (1895-1972) zu ziehen: „In der Gesamtsumme eines Lebens steckt ein wichtiger Posten, auf den die Welt im Allgemeinen nicht achtet; es ist der Preis, den man für das, was man erhalten hat, entrichten musste. Nicht in Geld, sondern in langweiligen und unwürdigen Handlungen. Manch ein Leben sieht so herrlich aus, und doch musste alles in ihm mit Versklavung, Bücklingen und Aufträgen teuer bezahlt werden, so dass ein solches Leben, mag es noch so glänzend erscheinen, als ein Fehlschlag zu betrachten ist.“
Nachtrag: Das darf zum Beitrag natürlich nicht fehlen: "Steinmeier ehrt Türeci und Sahin - Biontech-Gründer bekommen Bundesverdienstkreuz ... Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier werde dem Ehepaar am 19. März im Schloss Bellevue das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreichen, teilte das Bundespräsidialamt mit. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel nehme an der Zeremonie teil." !
Nachtrag vom 3.3.: Unglaublich elitäre Unverschämtheit: "Bundespräsident Steinmeier hat die Demokratien weltweit dazu aufgerufen, ihre Werte und Errungenschaften gegen Angriffe aus Sozialen Medien zu verteidigen." Man reflektiere gerne, wer tatsächlich die Demokratie bedroht.
12.2.2021
Oktroyierte Interessen
Es wird überall einfach drauf los geschwätzt. Gestern sagte die Co-Vorsitzende der Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 (wpn2030) beim Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung: Es gebe erheblichen Nachbesserungsbedarf bei der wissenschaftlichen Politikberatung: „Wissenschaft und Politik müssen aber eigentlich in einem inter- und transdisziplinären Austausch stehen und gemeinsam arbeiten. Dazu müssten Formate für einen effektiven Austausch entwickelt werden“, so Christa Liedtke, nachdem die Politik seit über einem Jahr nichts anderes mehr macht, als mit sogenannten Wissenschaftlern in diversen Formaten zu kungeln und nachhaltig schädliche Kennzahlen auszubrüten. Man muss der Professorin zugestehen, dass sie nur in ihrem Interesse – der Nachhaltigkeitspolitik – spricht. Das schließt aber eine Verwertung der Corona-Politik nicht aus: „Soll es nach der Krise zurück zur Normalität gehen? Ein klares ‚Nein‘ gibt die Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 (wpn2030), die sich mit einem Impulspapier an die Bundesregierung wendet … Denn um Deutschland zukünftig krisenfester zu machen, müssen politische Strukturen rund um das Thema Nachhaltigkeit gestärkt werden.“ Politik solle „die Krisenbewältigung als Motor für eine sozial-ökologische Transformation“ nutzen. Wer will, kann das alles wieder für schön und gut befinden. Allerdings sollten in einer Demokratie die Bürger einbezogen und dazu befragt werden.
9.2.2021
Politiker: Catering im Lockdown
So was von bigott: Politiker, die mitten im Lockdown – folgenlos – fröhliche Catering-Runden begehen, gibt's auch in der Schweiz. Man vergleiche gerne das Weltwoche-Video und im Anschluss die Skandalisierung eines ähnlich gearteten Beisammenseins in einem Seniorenheim. Noch was obenauf: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der im Lockdown beim Catering mitmacht, "fordert nun vermehrt Bußgelder - auch für die Fluggesellschaften", denn Regelverstöße von jenen und Passagieren stoßen bei ihm auf Unverständnis, es sei "ungehörig".
Nachtrag: Nun auch der Bundesgesundheitsminister: "Vor positivem Corona-Test: Spahn war bei Unternehmer-Essen ... Erstaunlich lange, vier Monate, bleibt der Termin vertraulich ... handelte es sich um ein Sponsoren-Event für die CDU in der Privatwohnung des früheren Regierungssprechers ... sollen die anderen Gäste 10.000 Euro für die Teilnahme gezahlt haben. Unklar bleibt, ob sich noch jemand anderes infiziert hat. Der 'Spiegel' schreibt, einige Teilnehmer sollen für die CDU gespendet haben ... Erst warnt er vor Geselligsein, dann fährt er zum Dinner." Außerdem: "Mitten in der Pandemie-Hochzeit im November gab es im NRW-Innenministerium größere Beförderungsfeiern. Mit dabei war auch Minister Herbert Reul. Er wurde später positiv gestestet ... In einer E-Mail an seine Mitarbeiter hatte Reul zudem vor einigen Tagen von zehn weiteren Kollegen und Personenschützern berichtet, die noch akut infiziert seien."
Nachtrag vom 10.3.: "Geselliges Abendessen mitten in der Pandemie - Umstrittenes Spenden-Dinner – Spahn muss jetzt Namen nennen" - im Rahmen der CDU-"Transparenzoffensive".
Nachtrag vom 11.3.: "Menschen, die sich umarmen, singen und tanzen: Klaus-Peter Willsch aus Hohenstein hat es an seinem 60. Geburtstag krachen lassen, als gäbe es keine Corona-Pandemie. Das bringt den CDU-Bundestagsabgeordneten und ehrenamtlichen Kreistagschef nun in Bedrängnis. Denn von der ausgelassenen Feier mit mindestens zwölf Gästen gibt es ein Handyvideo, das dem hr aus dem Umfeld der Jungen Union zugespielt wurde."
Nachtrag vom 31.3.: "Eine große Feier von Beamten des japanischen Gesundheitsministerium hat in jeder Hinsicht eklatant gegen die Corona-Vorschriften verstoßen, die zugleich von diesen Beamten gegen die Bürger durchgesetzt werden."
Nachtrag vom 5.4.: "Lockdown à la carte: Frankreichs Minister speisten in illegal geöffneten Luxus-Restaurants ... Die Franzosen sind in Aufruhr."
Nachtrag vom 25.4.: "Hält sich die Politik an die eigenen Corona-Regeln? ... In vielen Fällen lautet die Antwort: nein. Nicht immer gibt es dafür nachvollziehbare Gründe. Ein Überblick..."
Nachtrag vom 3.8.: "Barack Obama wird 60: Geburtstagsfete als Superspreader-Event? - Der ehemalige US-Präsident Barack Obama plant die Feierlichkeiten zu seinem 60. Geburtstag. Doch wegen Corona und der Delta-Variante hagelt es Kritik ... Wie das US-Nachrichtenportal Axios unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Quelle aus dem Umfeld der Obamas berichtete, habe der ehemalige US-Präsident 475 Gäste ... eingeladen."
Nachtrag vom 16.8.: "Ex-US-Präsident Barack Obama feierte kürzlich seinen 60er und ließ dazu, auf seinem Anwesen auf der Insel Martha’s Vineyard, südlich von Cape Cod, eine Party steigen. Schon Tage davor feierte er mit Gästen in diversen anderen Etablissements in Edgartown. Endergebnis: ein abrupter Anstieg neuer Corona-Fälle mit einem Cluster von 74 Fällen. Man werde das Ganze über die Kontakt-Nachverfolgung aufklären, hieß es."
Nachtrag vom 30.8.: "RTL lud gestern Annalena Baerbock (Grüne), Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU) zum ... gemeinsamen TV-Auftritt der Kanzlerkandidaten vier vor Wochen vor der Bundestagswahl ... auch erschienen war hochrangige politische Prominenz und solche aus Film und Fernsehen, von Nora Tschirner über Katja Riemann und Dorothee Bär bis Volker Bouffier. Und es wurde nett angereicht – Getränke sind zu sehen vor den hohen Herrschaften, weiche Sessel, man sitzt teilweise eng und über den eigenen Familienverband hinaus beisammen ... Masken allerdings sind erstaunlicherweise in besagtem VIP-Bereich fast keine zu sehen. Als RTL voller Stolz ein Foto dieser maskenlosen Partystimmung hinter den Kulissen twitterte, kündigte sich ein Shitstorm an und RTL ließ das Bild verschwinden..." Vergleiche dazu die Weisung für's einfache Volk: VG Hamburg lehnte einen Eilantrag ab und verbot damit eine Feier mit bis zu 250 Gästen in einem Restaurant auf der Reeperbahn.
22.1.2021
Konformistische Expertenrunden
Das ist jetzt grobe Irreführung. Nordbayern berichtet: „Ausführlich widmete sich Angela Merkel dem Vorwurf, ihre Regierung höre immer nur auf dieselben Experten wie den Berliner Virologen Christian Drosten. Das bestritt sie. Vor dem jüngsten Corona-Gipfel von Bund und Ländern seien acht Wissenschaftler als Berater eingeladen worden - darunter auch solche, die ‚dezidiert anderer Meinung‘ seien - so etwa der Braunschweiger Forscher Michael Meyer-Herrmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung.“ Gerade der, von dem es noch im Oktober hieß: „Kanzlerin Merkel und die Landeschefs zogen einen der breiten Öffentlichkeit eher unbekannten Wissenschaftler zurate. Die von Michael Meyer-Hermann erstellten Modellierungen geben Anlass zu großer Sorge … Merkel ließ Meyer-Hermann zu Beginn der mehr als achtstündigen Beratungen mit den Ministerpräsidenten eine Simulation vorstellen, in welcher Phase Deutschland in der Corona-Pandemie ist, nämlich im Bereich des exponentiellen Wachstums. ‚Ich denke, das war recht einleuchtend und auch hilfreich‘, sagte Merkel. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) machte sich direkt eine Feststellung zu eigen, die Meyer-Hermann in seinem Vortrag getroffen haben soll: Demnach ist es nicht fünf vor zwölf, sondern bereits zwölf … warnte er auch schon in den vergangenen Monaten vor den Gefahren der Corona-Pandemie und sprach sich für konsequente Einschränkungen aus … die Bundeskanzlerin machte keinen Hehl daraus, besorgt aus dem Treffen zu gehen. Der von Meyer-Hermann festgestellte exponentielle Anstieg der Infektionszahlen müsse gestoppt werden.“ Und nicht nur dort präsentierte sich der angeblich „dezidiert anderer Meinung“ seiende „Forscher“ stramm auf Regierungslinie. Schon im April letztes Jahr konnte man hier lesen: „Der Helmholtz-Experte Michael Meyer-Hermann verteidigte die Haltung der Kanzlerin am Sonntagabend in der ARD-Sendung ‚Anne Will‘ mit den Worten: ‚Die Kanzlerin hat, verdammt noch mal, Recht!‘.“ Das wird wohl tatsächlich seine Eintrittskarte in die Expertenrunde der Kanzlerin gewesen sein.
"Corona-Shutdown - Diese acht Fachleute beraten Bundesregierung und Länderchefs."
Nachtrag vom 1.2.: "Virologe Streeck: Viele Stimmen werden von Regierung nicht gehört ... Er und ein weiterer Kollege seien nicht zu Beratungen eingeladen worden, obwohl Politiker das begrüßt hätten ... Wenn die Regierung sage, sie folge der Wissenschaft, sei das nicht so einfach. Es gebe zum einen die Daten, aber zum anderen die Interpretation dieser Daten, die bei verschiedenen Wissenschaftler:innen offensichtlich unterschiedlich aussieht ... Streeck habe im Verlauf der Pandemie außerdem gelernt, vorsichtiger im Umgang mit Medien zu sein."
Nachtrag: Siehe auch: "Hat mir die Kanzlerin einen Bären aufgebunden?"
16.1.2021
Politische Prophetie
Interessant zu wissen vor dem Corona-Gipfel am 19. Januar, der wegen der Sorge um die Corona-Mutation vorgezogen wird: „Die Kanzlerin hat nach Informationen meiner KollegInnen offenbar schon Ende Oktober bei Bahn und Verkehrsministerium anfragen lassen, ob eine Reduzierung oder gar ein totaler Stopp des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs möglich sei.“ Der erste deutschlandweite Fall von Coronavirus-Mutation wurde jedenfalls erst Ende Dezember 2020 nachgewiesen. Die Virusvariante B.1.1.7 breitete sich laut RKI seit September in Großbritannien aus, aber erst im Dezember berichteten britische Behörden davon.
Nachtrag vom 17.1.: Merkwürdig: Aus dem oben verlinkten Spiegel-Artikel geht eindeutig hervor, dass die Einstellung des Nah- und Fernverkehrs in beginnender Planung war. Ebenso bei der Bahnblogstelle: "Zudem würden weitere Maßnahmen, unter anderem die Einstellung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, in Erwägung gezogen. Dies sei aber noch nicht endgültig entschieden, hieß es. Im Verkehrsministerium werde bereits geprüft, welche Konsequenzen für Mobilität und Logistik ein kompletter Shutdown des Landes hätte. Man arbeite daran, trotzdem die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wollte sich dem Bericht zufolge dazu nicht äußern." Einen Tag später titelt das RND: CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak "widerspricht Berichten: Einstellung des Nahverkehrs nie geplant". "Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte diese Behauptung bereits am Donnerstag zurückgewiesen." Das habe gar niemand vorgeschlagen. Wer lügt jetzt?
Nachtrag vom 10.2.: "Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Bundesregierung im Verlauf der Corona-Krise den Verkehr mit Bus und Bahn zwischen den Städten massiv einschränkt. Denn genau das hatte sie eigentlich zuvor geplant."